Großer Andrang beim Tag des offenen Denkmals am 10. September 2017: Wir zeigten das Schloss Kirchberg
Am vergangenen Sonntag, den 10. September 2017 fand in der Bundesrepublik der Tag des Offenen Denkmals statt. Dazu passt in Immenstaad sehr gut das Schloss Kirchberg. Dieses Schloss, es stammt im wesentlichen aus dem 16. Jahrhundert, wurde Ende der 90er Jahre zu Eigentumswohnungen umgebaut und ist seither für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich. Am Tag des offenen Denkmals bot sich nun nach etwa 20 Jahren wieder die Möglichkeit, das Innere dieser interessanten Schlossanlage näher kennen zu lernen.
Unser Mitglied im Heimatverein, Herr Peter Ziem, Eigentümer einer der Wohnungen in Schloss Kirchberg, nahm schon vor geraumer Zeit Kontakt mit seinen Nachbarn auf. Sie gewährten den Besuchern Einblicke in die renovierten Wohnräume des Schlosses. Auch die Außenanlagen, die manche Immenstaader noch von früher her kennen, als der Garten des Schlosses ein lauschiger Wein- und Biergarten war, konnten die Besucher besichtigen. Zu Beginn der drei Führungen haben Herr und Frau Budde kurzweilig die Geschichte des Schlosses erzählt, während Herr Ziem dann einige Details zu den Umbaumaßnahmen und zum Denkmalschutz erklärte. Nachdem dann auch noch das Wetter mitgespielt hat, stand einem erfolgreichen Nachmittag nichts mehr im Weg.
Allen Beteiligten danken wir sehr herzlich für ihr Engagement und ihre Bereitschaft.
Über 600 Besucher freuten sich über die Gelegenheit, die Schlossanlage zu besichtigen.
Auch das Wetter spielte mit.
Bei den Besichtigungen erhielten die Besucher jeweils einen Überblick über die Geschichte des Schlosses. Im Anschluss daran konnten sie Gebäudeteile, Wohnungen und den Park der sehr gepflegten Schlossanlage besichtigen und genießen.
Es gab einen Informationsstand über den der Schlossanlage drohenden Ausbau der direkt am Schloss vorbei führenden B31, der ohne gravierende Schutzmaßnahmen von den Schlossbewohnern nicht akzeptiert werden kann.
Wundervoll gestaltete Bildbände und Kalender mit Motiven des Schlosses konnten erworben werden. Außerdem informierte der Heimatverein Immenstaad e.V. über seine Arbeit an einem weiteren Stand. Kinder konnten an einem Maltisch interessante Vorlagen ausmalen. Aufgrund der begrenzten Parkmöglichkeiten am Schloss nutzten viele Besucher öffentliche Verkehrsmittel oder kamen zu Fuß oder mit dem Fahrrad.
➤ Wikipedia: Schloss Kirchberg
Schloss Kirchberg aus der Luft im Jahre 2007
Schloss Kirchberg vom Bodensee aus | Bild: Peter Ziem
Schloss Kirchberg, Aufgang im Hof | Bild: Peter Ziem
Schloss Kirchberg im Winter, Toreinfahrt | Bild: Peter Ziem
Blick von Eingang
Monogramm an der oben zu sehenden Hofleuchte
Wolfgang Trogus deutet es als Monogramm des Salemer Abtes Constantin Miller. Er war ein eifriger Bauherr. Links ein C, von Constantin - oder ein stehender Halbmond wie im Wappen. In der Mitte ein M, von Miller. Dazu 2 längliche Zeichen: S S ? Salem(itanus) = Salemer ?
Dessen Wappen sehen Sie hier:
Wappen des Abtes Konstantin Miller (von Feuchtmayer) um 1741
Es findet sich nicht nur in Salem, am Marstall, sondern auch in Kirchberg, an einer Tür im 2. Obergeschoß des Hauptgebäudes und im Treppenhaus, von Feuchtmayer (abgebildet in Heft 17 der Heimatblätter, S. 50 und 54).
Wappenbeschreibung nach Bernhard Peters: "Das Wappen des Abtes Konstantin Miller (reg. 1725-1745) besteht nur aus seinem persönlichen Wappen ohne klostereigene Komponenten. Der Schild ist durch eine eingebogene Spitze in drei Felder geteilt, Feld 1: durch einen goldenen Balken blau-rot geteilt, oben ein oberhalbes Mühlrad mit fünf sichtbaren Speichen, unten ledig, Feld 2: in Blau ein goldener Balken, oben von einer gestürzten, mit den Spitzen nach unten gerichteten, goldenen, gesichteten Mondsichel und unten von drei (2:1) sechszackigen, goldenen Sternen begleitet, Feld 3: in Silber ein schwebendes rotes Tatzenkreuz. Über dem Wappen trägt ein geflügelter Engelskopf die Inful. Hinter dem Wappen sind der schrägrechts gelegte Krummstab und das schräglinks gelegte, gestürzte Schwert schräggekreuzt." Das Mühlrad ist natürlich ein Hinweis auf den Familiennamen.
Geschichtsdaten Schloss Kirchberg am Bodensee
1229 | Kirchberg war im Besitz des Klosters Kempten und wurde erstmals 1229 als „Chiriberc“ erwähnt. |
1288 | Heinrich von Schmalegg (bei Ravensburg) verkauft die Vogtei Kirchberg an das Kemptener Stift für 44 Mark Silber. Es wird eine Kapelle erwähnt, die dem Ort den Namen gab. |
24.7.1288 | Weiterverkauf von Kilchperc am Bodensé durch die Benediktiner Abteil Kempten an das Zisterzienserkloster Salem für 160 Mark Silber (= 37,6 kg, das entspricht einem Materialwert heute von ca. 22.500,-- € und einer Kaufkraft heute von ungefähr 71.000,-- € lt. „Mittelalterrechner“). Kirchberg war vogtfrei und wurde als Grangie (1390 genannt) d.h. als selbst bewirteter Klosterhof von Laienbrüdern betrieben. Haupterzeugnis war Wein, und es gewährte neben Maurach einen zweiten Zugang zum See. Bis ins 18. Jh. wurde die Sorge um den Weinbau in den Bestallungsurkunden der Hofmeister ausdrücklich erwähnt. |
ca. 1500 | Neubau der Kapelle, 1502 geweiht |
1546 - 49 | Südflügel gebaut |
1578 | leben 24 Menschen in Kirchberg |
1541 | Nach Expertise des „Landesamt für Denkmalpflege“ wird mit dem Bau des Hofmeistergebäudes begonnen. Der tonnengewölbte Weinkeller, die Giebelwände mit Zinnen (Treppengiebel) und die zwei- und dreifachen Fenster an den Ecken und der Nordseite sind noch ursprünglich erhalten. Ebenso die Rankenwerkmalerei an der Decke. Andere Quellen nennen 1604 als Baubeginn. |
Nov. 1634 | Salem hatte einen weltlichen Hofmeister eingesetzt, der Reb-, Obst- und Waldbau betrieb. |
ca. 1730 | Erneuerung und Barockisierung der Kapelle |
ab 1739 | Hofmeistergebäude wird umgebaut und erhält in der Amtszeit von Abt Constantin Miller(1725 – 1745) seine heutige Gestalt. Monogramm in der Eckleuchte am Hofmeisterhaus. |
ab 1741 | Südflügel nach Westen hin erweitert und Ökonomiegebäude mit Treppengiebel neu gebaut. (Jahreszahl 1742 am ehemaligen Torkelraum) |
1767 | Die Mauer am See wird erneuert und ein Bootsanleger geschaffen. |
1775 bis 1779 | Bau des Ostflügels durch Abt Anselm II Schwab im spätbarocken-klassizistischen Stil mit Eingangstorbau; ebenso das Rundhaus am See, das der Zeit gemäß wohl als Teehäuschen erbaut wurde. Dazu gehört auch die Seemauer. Kirchberg wird zur „Sommerresidenz“ der Äbte von Salem. |
1788 | Die Wasserleitung und der Brunnen werden erneuert. |
24.12.1802 | Salem fällt nach dem Frieden von Lunéville an die Markgrafen von Baden. Politisch gehört Kirchberg zur Gemeinde Salem. |
23.11.1804 | Endgültige Auflösung der Klostergemeinschaft Salem durch die Prinzen Friedrich und Ludwig von Baden. Der letzte Abt Kaspar Öchsle bekommt –zusammen mit 4 Mitbrüdern- seinen Altersruhesitz in Kirchberg mit „8000 fl. Pension und 6 Pferden“, wo er am 21.6.1821 stirbt. In dieser Zeit leben dort 43 Personen. |
1806 | Kirchberg verliert seine Stellung als Exklave, als das Großherzogtum Baden nach dem Beitritt zum Rheinischen Bund die benachbarte nassau-oranische Herrschaft Hagnau mit Kippenhausen sowie das fürstenbergische Immenstaad gewann. |
1833 | 22,4 ha Rebfläche, 18,5 ha Wiesen und 3,1 ha Ackerland listet die Markgräflich-Badische Domänen-Kanzlei für Kirchberg auf. |
1840er | Abbruch der Kapelle und des Rundturms an der nordwestlichen Ecke der Anlage |
1853 | Die Schlossräume werden für den Sommeraufenthalt des Großherzogs von Baden neu hergerichtet und ausgestattet. Der Bootsanleger wird erneuert. |
1868 | Niedergang des Weinbaus am Bodensee, nur noch 1,4 ha Reben werden bewirtschaftet, 1873 wieder 3,2 ha. |
1880-1881 | Ausbau des Südflügels durch Prinz Wilhelm von Baden, Erhöhung um ein Stockwerk |
ab 1914 | Kirchberg soll Lazarett werden, es ist aber nicht klar ersichtlich, ob es auch wirklich so wurde. |
nach 1918 | Kirchberg wird als Erholungs-Gästehaus des Markgrafen Max von Baden genutzt. |
1919 | Nach Ende der Monarchie regelt die Badische Verfassung, dass alle Domänen ausschließlich Eigentum des Badischen Staates seien. Nicht jedoch die Besitzungen am Bodensee, sie bleiben im Privatvermögen des Markgrafen. |
1925 | Johann Röhrenbach, Verwalter von Kirchberg, schmuggelt Müller-Turgau Rebstöcke aus Tägerwilen über den See nach Kirchberg. Doch erst in den 30er Jahren begann der Erfolg der jungen Rebsorte. |
2. Weltkrieg | Kirchberg wird von Dornier genutzt. Eine Attrappe der Dornier Werke Manzell wird angeblich zwischen Hagnau und Kirchberg aufgebaut. (Leider gibt es dafür keine festen Belege) |
1945 | Kirchberg wird kurzzeitig als Gefängnis genutzt, in dem Angeklagte der Nürnberger Prozesse auf ihre Verhandlung warten. |
nach 1945 | Schlossschule Salem richtet eine Zweigstelle ein, Dornier kehrt mit einigen Abteilungen nach Kirchberg zurück. |
1968/69 | Im Winter wird der Hafen Schloss Kirchberg gebaut. |
01.01.1972 | Kirchberg wird zu Immenstaad eingegliedert. 19 Menschen leben in Kirchberg |
1995 | Der Markgraf von Baden verkauft das Schloss, den Hafen und Campingplatz an den Konstanzer Unternehmer Hugo Speck für 25 bis 30 Mio. DM (Focus Nr. 11/95, Spiegel Nr. 38/1995). |
30.12.1996 | RA Diez aus Tübingen kauft Schloß Kirchberg (lt. Eigenbekunden) für 9 Mio. DM von Speck. |
Ende 1999 | Erste Übergabe der neuen Wohnungen |
Ende 2007 | Hotelier Neuner-Jehle (Friedrichshafen) kauft den Ostflügel und baut ihn zu Wohnungen aus. |
2015 | Die geplanten Gewerberäume im Ökonomiegebäude werden zu Wohnungen umgebaut. Damit gibt es gesamt 44 Wohnungen. |
2016-2017 | Im Hofmeistergebäude werden Dach und das Dachgeschoß für 700.000,-- € saniert. |
2017-2018 | Am Südflügel werden Fassade, Balkons und Steinarbeiten für ca. 850.000,-- € erneuert. |
Das Landesamt für Denkmalschutz begründet die Aufnahme von Schloß Kirchberg in die Liste der Kulturdenkmale in Baden-Württemberg am 31.12.1983: „Bei der Schloßanlage Kirchberg handelt es sich um einen historisch gewachsenen Architekturzusammenhang von herausragender Wertigkeit. Mit seinen wichtigen Bauwerken und mit seinem gesamten Hofbereich stellt sie als Sachgesamtheit ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung dar, an deren Erhaltung aus künstlerischen, wissenschaftlichen und heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht.“
Peter Ziem, 10.9.2017