Heimatverein Immenstaad

Helmsdorf im Lauf der Jahrhunderte

Die erste Eıwerbung des Deutschen Ordens in Immenstaad war Helmsdorf. Ulrich Goldast, Ritter und Bürger zu Konstanz, verkaufte der Landkomturei Elsass und Burgund 1437 den "Bauhof' mit Gericht, Zwing und Bann um 4554 Gulden, steuer- und dienstfrei. 1441 ging er an die Komturei Mainau über. Gleichzeitig hatte sie den Zehnten erworben, der Lehen des Bischofs von Konstanz war, das dabei auf die weitere Lehnspflicht verzichtete.

Immenstaad Helmsdorf Lithografie Brommer 1845
Immenstaad Helmsdorf | Lithografie von J.N. Brommer um 1845

Nach dem Erwerb des Gutes Helmsdorf durch den Komtur Marquard v. Königsegg blieb es fast 300 Jahre lang im Besitz des Deutschen Ordens. Die kleine zugehörige Herrschaft umfasste das Niedergericht, das nach der Veranlagung von 1717 ringsherum "1310 Schritt in sich begreift". Je nach Länge eines Schrittes und der Form der Grenzen wären das also etwa 3 bis 5 ha; falls man dabei die Strecke entlang des Seeufers nicht abgeschritten ist, was durchaus wahrscheinlich ist, wären es doppelt so viel. Das Hochgericht unterstand stets der Grafschaft Heiligenberg. Als der Komtur der Mainau 1464 Helmsdorf an Frick Hundbiß (Humpis), Bürger zu Ravensburg, um 2600 Gulden verkaufen wollte, verweigerten ihm die Gebietiger des Ordens trotz langer Bemühungen und Verhandlungen die Genehmigung und Humpis musste mit 400 Goldgulden entschädigt werden.

Im 16. Jahrhundert verließen die Herren von Helmsdorf die Immenstaader Bühne: Nach dem Verkauf ihrer Herrschaftsrechte, 1491 und 1510, finden wir sie nur noch selten hier erwähnt. Sie waren im Thurgau ansässig geworden. Die letzten Namensträger erscheinen teils als uneheliche Abkömmlinge - mit dem Namen "Helmsdorfer" - teils als Bürger von Bischofszell kurz nach 1600. Nur noch einige verheiratete Töchter und Nonnen finden sich danach in den Urkunden, in denen die Verlassenschaften des Rittergeschlechts verteilt werden. Das Gut wurde von bäuerlichen Lehnsträgem bewirtschaftet. 1616 stirbt Jakob Ainhard von Helmsdorf, 1618 bis 1630 werden (wohl) sein Sohn Joachim mit seiner Frau Maria Riedinger genannt, 1689 waren Jakob Dollenmayer und seine Söhne mit dem Hof belehnt, er zahlte jährlich 108 Gulden Zins. Weil er Mai 1714 abziehen sollte, verlangte er Entschädigung: 100 Taler und 100 Gulden, sowie den halben Nutzen an Wein, unberechnet der Samen im Feld; er hat außerdem vor wenig Jahren einen neuen Schopf gebaut, so über 100 Gulden gekostet. Aus der Leibeigenschaft wollte man ihn gratis entlassen. Das Haus hieß damals schon Mutter-Haus, ein Name, dessen Herkunft ungeklärt ist.

Immenstaad Hohberg Mueller 1865
Helmsdorf Immenstaad, Hohberg mit Gipfelkreuz | F.X. Müller um 1865

Der Deutsche Orden verlor das schöne Gut Helmsdorf 1713 durch betrügerische Machenschaften eines seiner Beamten, des Oberamtmann Franz Anton Schmid v. Mayenberg und trotz eines langwierigen Prozesses. Der komplizierte Verlauf kann hier nur angedeutet werden, viele Einzelheiten sind noch unklar: Schmid hatte den Landkomtur Freiherrn v. Falkenstein und die übrigen Kapitulare dazu gebracht, mit einer gesiegelten Blankourkunde, datiert 4.10.1713, den Tausch Helmsdorfs gegen unbedeutende Rechte zu Urlau, bei Leutkirch, (die sich Schmid um 600 Gulden ebenfalls erschlichen hatte) zu genehmigen. Nach dem Tode Falkensteins, 1717, enthüllten die Untersuchungen die ganzen skandalösen Vorgänge, Schmid wurde entlassen, entsetzlicher delicta carnis, also der Unzucht beschuldigt, welche aus Rücksicht auf viele Altshauser Ehen nicht weiter verfolgt wurden, sein Vermögen wurde beschlagnahmt. Auch das Brendlinsche Haus in Immenstaad hatte Schmid in den Tausch einbeziehen wollen. Schmid verwies auf seine Verdienste und verlangte bei eventueller Zurückgabe von Helmsdorf als Ersatz für seine Unkosten 23522 Gulden!

Schmid hatte 8 Kinder, sein Bruder, Alois Josef Ignaz, der Oberamtmann zu Heiligenberg war, wurde von der Familie als Bevollmächtigter zum Kaiser nach Wien geschickt, man schrieb an den Hochmeister des Ordens, Ludwig Franz, Pfalzgraf v. Neuburg, der auch Kurfürst und Erzbischof von Trier war. Das Gut wurde einschließlich der Herren-, Stock- und Spiegelweiherwiesen auf 6142 Gulden taxiert; Amtmann v. Brugger hatte sogar 9000 Gulden geboten. Die Affäre endete damit, dass sich der Deutsche Orden mit den Erben Schmids in einem Vergleich einigte, das Gut aber an das Dominikanerinnenkloster Habsthal um 7000 Gulden verkaufte. Die Gründe dafür sind bisher nicht ersichtlich.

lm Urbar von 1785 erscheint Helmsdorf mit Haus, Hof, Torkel, Stallung, Hofreite, Kraut- und Baumgarten aneinander, am See, und insgesamt über 61 Jauchert (etwa 28 ha) Fläche auf der gesamten Gemarkung. Der damalige fürstenbergische Oberforstmeister Joseph. Freiherr v. Laßberg erwarb 1798 das freyadeliche Rittergut Helmensdorf samt 13 Jauchert im Fischbacher Bann um 15399 Gulden und 154 Gulden Schreibtax, teils in des Eigentumsherren Niederer Gerichtsbarkeit gelegen, mithin von aller Steur und anlaag frey, auch von den Zehnten nur den 30.ten Aymer Wein und von Früchten, die 30te Garb zu geben hat (vielleicht ein Rest der Quart, die früher dem Bischof zustand ?). Der Kaiser bestätigte den Verkauf 1799, im Güterverzeichnis erscheint: Ein vor wenig Jahren ganz neu von Stein auf erbauthes Wohnhauß samt Stallung, Torkel und Keller, welches beiläufig 9000 Gulden wohl wert. Rebgärten welche nicht frostig und bei Mittlern Jahren 12 bis 13 Fuder Wein geben können, ungefähr 5 Jauchert. Bei seinem Auszug musste das Kloster noch 10% "Abzug", also 1539 Gulden und 54 Kreuzer als Steuer für das Wegschaffen des Vermögens außer Landes an Heiligenberg bezahlen.

Laßberg, der berühmteste Einwohner Immenstaads, wohnte nur kurz hier. Am 28. April 1800 wurde sein Sohn Leonhard Eugen Erasmus hier geboren und getauft, doch schon 1801 riefen ihn die Pflichten nach Donaueschingen, wo er seit 1804 als Vertrauter und später Gatte der verwitweten Fürstin Elisabeth bis 1817 eigentlicher Landesverweser Fürstenbergs war, solange Fürst Karl Egon II. minderjährig war. Mit Helmsdorf war auch die Mitgliedschaft im Kanton Hegau der Freien Reichsritterschaft in Schwaben verbunden. Wie Bader schreibt, zieht sich Helmsdorf wie ein roter Faden durch Laßbergs späteres Leben, er beschäftigte sich bis in seine letzten Jahre mit dem Sänger Konrad von Helmsdorf.

Postkarte Helmsdorf 1960
Helmsdorf, Postkarte um 1960

Dem Kloster Habsthal schuldete er noch 7000 Gulden des Kaufpreises, und so verkaufte er 1802 für 22 800 Gulden (und 22 Gulden 48 Kreuzer, also 1 ‰ Schulfondsbeitrag) das Gut an den Statthalter von Rorschach, Joseph Anton v. Bayer; Habsthal blieb im Pfandbesitz des Gutes, bis Bayer 1804 den restlichen Betrag an das Kloster bezahlte. Er verkaufte 1815 für 10 300 Gulden an den Grafen Heinrich von Salis-Zizers weiter. Dieser war General des königlichen Schweizerregiments in Paris gewesen und starb 69 Jahre alt am 18.Mai 1819 in Helmsdorf, welches er seinem Vetter, den Feldmarschall Rudolf von Salis vermachte. 1830 verkaufte dieser an den Hechtwirt Josef Ganter in Immenstaad, welcher eine Ziegelei direkt neben dem Schloss errichtete. Danach war Ignaz Stefan, der die Tochter des Ganter geheiratet hatte, auf dem Gut. 1857 erwarb der Rentammann Ferdinand Eggmann aus Thannheim für 23000 Gulden das Gut. Eggmann aber verkaufte schon 3 Jahre später für einen nochmals um 2270 Gulden höheren Preis an den Ökonomen Karl Majer aus Tübingen. Majer versuchte, hier ein landwirtschaftliches Mustergut einzurichten, wofür er 1869 eine goldene Medaille des Staates erhielt. 1865 wurde er liberaler Bezirksrat. Schon 1872 aber erwarb Hermann Winter aus Backnang das Schlossgut einschließlich mehrerer auswärtiger Wälder für 54000 Gulden.

Majer wurde Weinhändler und baute den 1981 abgebrochenen großen Weinkeller an der Meersburger Straße (wo sich jetzt der Parkplatz des Supermarkts "Rewe" befindet). 1881 geriet er zur großen Schadenfreude seiner politischen Gegner in Konkurs und wanderte nach Amerika aus, wo er Vorfahre der späteren Fürstin Gracia Patricia von Monaco wurde.

Winter richtete als erster in Helmsdorf eine Brauerei ein und baute den großen Bierkeller an der Friedrichshafener Straße. Er trat 2 Jahre später die Hälfte des Guts an seinen Schwager Karl Merian ab; dieser scheidet jedoch 1879 wieder aus und erhält 181 000 Mark dafür. Zwei Jahre später musste jedoch zwangsversteigert werden, und das Ehepaar Winter erhielt nur noch 60 500 Mark. Die erwerbende Bank verkaufte bald weiter, um 65 000 Mark an den Brauer Richard Beyreiß aus Mühlhausen/Thüringen. Auch dieser musste verkaufen, 1884 für nur 58 000 Mark an die Handelsgesellschaft von Franz Louis Saft aus Emmishofen und dessen Schwager Hermann Stebinger. Nach dem Tode Stebingers wurde Saft Alleineigentümer, und verkaufte das Gut und die Brauerei 1886 für 80 000 Mark an die Gebrüder Georg und Xaver Flemisch aus Lauingen, die als Braumeister und Landwirt kräftig selbst Hand anlegten. Damit hatte der lange Reigen von Besitzern ein Ende, über den sich Johann Baptist Berger in seinen Lebenserinnerungen sehr deutlich äußert.

Bieretikett Helmsdorf 1965
Bieretikett Schlossbrauerei Helmsdorf um 1965

Noch heute (1994) besteht die kleine Brauerei am See, in dritter Generation im Besitze der Familie Flemisch. Der "Minnesänger" Konrad von Helmsdorf muss zur Werbung herhalten und schmückt die Bierdeckel des "Schloss-Bräus". Nach dem Kriege, 1951, kam die Gaststätte in den alten Gewölben des Schlosses, 1953 der Campingplatz hinzu, später ein Jachthafen und Ferienwohnungen; das Ganze heißt jetzt "Freizeitzentrum Helmsdorf".

Helmsdorf 2017
Helmsdorf, Blick vom See 2017

Seine schöne Lage am See blieb dem unscheinbarsten der drei Immenstaader Schlösser erhalten und erfreut den Besucher wie eh und je.

Wolfgang Trogus, Oktober 1994

 

Quellen:

  • GLA 229/41544; 61/6980 (Amtsprot. 1799-1805)
  • PAI: Kirchenbücher
  • GAI: Urbar 1785
  • Berger, J.B.: Immenstaad und seine Bewohner... Manuskript masch., im KRA Bodenseekreis 1917
  • Oeller, Anton: Regesten zur Geschichte des Ortes Helmsdorf am Bodensee und der Ritter v. Helmsdorf. Manuskript masch., im KRA Bodenseekreis um 1955

Literatur:

  • Bader, K.S.: Joseph v. Laßberg 1955
  • Joos, Hans: Schloss Helmsdorf in: Bodenseehefte, Oktober 1950
  • Roth v. Schreckenstein, K.H. Frh.: Die Insel Mainau, Karlsruhe 1873
  • Staiger, F.X.C.: Meersburg am Bodensee..., Konstanz 1861
  • Trogus, Wolfgang: Der Mainauer Besitz in Immenstaad. Heimatbätter-Heft 10, 1986, S. 119-134

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